Der grüne Mietvertrag für mehr Nachhaltigkeit in der Immobilienbranche

Um das Ziel der globalen Klimaneutralität bis 2050 gemäß dem Pariser Klimaschutzabkommen zu erreichen, sind umfangreiche Maßnahmen auf internationaler und nationaler Ebene erforderlich. Die EU hat sich mit dem European Green Deal ebenfalls zum Ziel gesetzt, Europa bis 2050 klimaneutral zu machen, während Deutschland sogar die Treibhausgasneutralität bis 2045 anstrebt.

Auf allen Ebenen werden zahlreiche neue Regularien eingeführt, die insbesondere die Immobilienbranche betreffen. Während sich Immobilienfonds in der EU bereits seit Längerem mit ESG aufgrund einschlägiger Regularien befassen (müssen), war dies auf Mieterseite bislang weniger präsent. Dies wird sich jedoch ändern, da immer mehr Regularien erlassen werden, die auch Nachhaltigkeitsthemen auf Mieterseite adressieren. Allein die CSRD bzw. das deutsche Umsetzungsgesetz wird in Deutschland etwa 15.000 Unternehmen betreffen, die aufgrund ihrer Pflicht zur Erstellung von Nachhaltigkeitsberichten ihren Fokus auf ESG vermutlich verstärken werden. Für die Immobilienbranche bietet dies eine Chance, eigene Nachhaltigkeitsstrategien effektiver zu gestalten und künftig auch Mieter stärker einzubeziehen. Angesichts der Tatsache, dass während des Lebenszyklus eines Gebäudes durchschnittlich 40-65 % der gesamten CO2-Emissionen durch den Betrieb und die Nutzung entstehen, ist die Einbeziehung von Mietern sinnvoll und in Konsequenz: essenziell. Da viele Mieter zukünftig selbst Interesse an ESG haben werden, führt dieser Ansatz zu einer Win-Win-Situation. Das Mittel dazu lautet: Green Lease.

Der Begriff wurde 2012 von Vertretern der Immobilienbranche in Deutschland eingeführt und ist nicht gesetzlich definiert, hat sich jedoch stetig weiterentwickelt. Grüne Mietverträge zielen darauf ab, nachhaltige Praktiken zwischen Vermietern und Mietern zu fördern. Nach dem aktuellen „Green Lease 2.0“ des ZIA sollen sowohl Mieter zur nachhaltigen Nutzung als auch Vermieter zur nachhaltigen Bewirtschaftung der Immobilie angehalten werden, etwa durch Energieeinsparungen, Abfallreduzierung und die Nutzung erneuerbarer Energien. Grüne Mietvertragsklauseln können positive Auswirkungen auf Gebäude-Zertifizierungen haben und einem berichtspflichtigen Mieter wertvolle Informationen für seine Nachhaltigkeitsberichterstattung nach CSRD liefern.

Die Implementierung einer passenden Green Lease Regelung, die zu einer Win-Win-Situation führt, muss aus strategischer, technischer und rechtlicher Sicht sauber erfolgen. Eine allgemeingültige Green Lease Strategie gibt es nicht. Strategisch muss das Geschäft von Vermieter und Mieter verstanden und müssen die jeweiligen Interessen in Bezug auf ESG herausgearbeitet werden. Anschließend sind Möglichkeiten zu eruieren, wie mehr Nachhaltigkeit im Mietverhältnis erreicht werden kann – oft durch kreative Ansätze. So kann die mietvertragliche Integration von Initiativen wie Too Good To Go, Tafel Deutschland e.V. und Foodsharing bei einer Bäckerei als Mieter ein Mittel zur Reduktion von Lebensmittelabfällen sein. Weitere Möglichkeiten zur Abfallvermeidung/Rückführung in die Kreislaufwirtschaft können sich beispielsweise bei einem Friseurbetrieb als Mieter ergeben, wenn abgeschnittene Haare zur Herstellung von Ölfiltern bereitgestellt werden (Gewässerschutz durch „hair help ocean“). Mit der Umstellung auf ein papierloses Büro lassen sich zudem durchschnittlich 25 Blätter pro Tag und Person einsparen.

Bei der Festlegung der passenden Green Lease Strategie darf die Gebäudetechnik nicht vernachlässigt werden. Die Installation von Smart-Metering-Systemen, die es Mietern und Vermietern ermöglichen, den Energieverbrauch in Echtzeit zu überwachen und anzupassen, ist nicht nur opportun, sondern teilweise gesetzlich vorgeschrieben. Das GEG regelt die Installation von Elementen der Gebäudeüberwachung und -steuerung, die den CO2-Ausstoß erheblich reduzieren und den Energieverbrauch senken können.

Ist eine geeignete Green Lease Strategie gefunden und sind die technischen Gegebenheiten vorhanden, bedarf es der Integration des gewünschten Ergebnisses in den Mietvertrag. Dabei ist auf eine saubere Formulierung der Green Lease Klausel zu achten, damit die gewünschten Effekte im Rahmen der Nachhaltigkeitsziele von Vermieter und Mieter erreicht werden. Daneben müssen weitere juristische Themen beachtet werden, wie Datenschutz, AGB-Recht und Schriftform bei langfristigen gewerblichen Mietverträgen. Aus steuerrechtlicher Sicht wäre im genannten Beispiel der Bäckerei zudem im Vorfeld zu beachten, dass Sachspenden eines Unternehmers grundsätzlich als unentgeltliche Wertabgabe der Umsatzsteuer unterliegen, wobei dies nach der Finanzverwaltung nicht für Sachspenden von Lebensmitteln gilt, die kurz vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums stehen oder deren Verkaufsfähigkeit aufgrund von Mängeln nicht mehr gegeben ist.

 

Cüneyt Andac
Rechtsanwalt
King & Spalding LLP

Henry Fritzsche
Senior Project and Development Manager
x.project AG
Zulfukar Tosun
Geschäftsführer
Torvik Gruen

Erschienen in den P5 NEWS.
Ausgabe September 2024.