Risikomanager als Klimamanager

Der Klimawandel stellt Kapitalverwaltungsgesellschaften (KVGs) und Alternative Investmentfonds (AIFs) vor neue Herausforderungen im Risikomanagement. Insbesondere Klimarisiken müssen verstärkt in Management- und Controllingprozesse integriert werden. Regulatorische Rahmenbedingungen wie MaRisk, KAMaRisk, das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) und die AIFM-Delegierte Verordnung (EU) Nr. 231/2013 (AIFM-VO) verlangen eine umfassende Risikobewertung und -überwachung, die sowohl physische Risiken (z. B. extreme Wetterereignisse) als auch Transitionsrisiken (z. B. Umstellung auf eine kohlenstoffarme Wirtschaft) berücksichtigt.

ESG-Risiken in den Leitlinien der BaFin und MaRisk
Nationale (BaFin) und europäische (ESMA) Regulierungsbehörden haben klare Anforderungen an die Integration von ESG-Risiken formuliert. Das BaFin-Merkblatt zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken fordert in MaRisk AT 4.3.2, dass Finanzinstitute Klimarisiken als integralen Bestandteil ihres Risikomanagements und insbesondere -controllings behandeln. ESG-Risiken müssen in Risikotragfähigkeit, Risikoidentifikation, -bewertung und -steuerung berücksichtigt werden. Während die MaRisk primär für Banken und Finanzdienstleistungsinstitute Anwendung findet, definiert die KAMaRisk die Mindestanforderungen an das Risikomanagement von KVGs. Aus den Forderungen der MaRisk BTO 1.2 sind für Kreditgeschäfte potenzielle Gefahren frühzeitig zu identifizieren und die Fähigkeit des Kreditnehmers zur Bewältigung von ESG-Risiken zu bewerten.

Die Rolle des KAGB und der AIFM-Verordnung
Das KAGB, welches die AIFM-Richtlinie in Deutschland umsetzt, verlangt gemäß § 29 eine umfassende Risikosteuerung. ESG-Risiken sind somit als Teil des Gesamtrisikos gemäß Abs. 2 und 3 in die Risikoerfassung und -überwachung zu integrieren. Obwohl diese Integration von ESG-Risiken nicht explizit gefordert wird, sollten diese im Gesamtkontext des Risikomanagements, flankiert von SFDR und Taxonomie-Verordnung, unbedingt eingebunden werden. Nicht zuletzt, weil die Leitlinien zur Kreditvergabe und -überwachung der EBA diese Verantwortung konkretisiert und im Falle der Fremdmittelaufnahme zum Tragen kommt. Es wird deshalb empfohlen, das Kreditrisiko des Kreditnehmers wiederholt zu prüfen (vgl. Pkt. 263), um Kreditnehmer mit erhöhten ESG-Risiken zu identifizieren und ihre Geschäftsmodelle detailliert zu analysieren.

Wissenschaftlich fundierte Modelle zur Bewertung von Klimarisiken
Angesichts dieser regulatorischen Anforderungen eignen sich wissenschaftlich fundierte Methoden zur Quantifizierung des Beitrags einer Immobilie oder eines Portfolios zur globalen Erwärmung mittels Temperature-Alignment-Modellen. Diese bieten die Möglichkeit, die Auswirkungen einer Investition auf das Klima messbar darzustellen und mit den Zielen des Pariser Abkommens zu vergleichen. Der Vorteil dieser Modelle liegt in ihrer Prognosefähigkeit: Sie ermöglichen die Simulation langfristiger Auswirkungen auf die Klimabilanz und unterstützen fundierte Entscheidungen zur Dekarbonisierung. So können Risikomanager den aktuellen Status ihrer Portfolios bewerten und zukünftige Klimaszenarien berücksichtigen, um Investitionen CRREM-konform, 1,5°-konform und risikoarm zu gestalten.

Digitale Lösungen zur Überwachung und ESG-Berichterstattung
Neben der Bewertung von Klimarisiken können spezialisierte Plattformen in (teilautomatisierten) Prozess die Erfassung, Verwaltung und Analyse von ESG-Daten in Echtzeit unterstützen. Echtzeitdaten ermöglichen es, Abweichungen in der Performance frühzeitig zu erkennen und sofortige Maßnahmen zu ergreifen sowie diese in die Nachhaltigkeitsberichtserstattung einzubinden. Die Vorbereitung auf diese Berichtspflichten nach CSRD sollte in jedem Pflichtheft der Risikomanager stehen.

FAZIT
In einer Welt, die sich verstärkt auf Nachhaltigkeit und Klimaschutz ausrichtet, müssen Risikomanager ihre Rolle als Klimamanager aktiv annehmen. Klimarisiken stehen im Mittelpunkt eines ganzheitlichen Risikomanagements. Der Einsatz wissenschaftlich fundierter Modelle und digitaler Plattformen können nicht nur regulatorische Anforderungen erfüllen, sondern auch die langfristige Stabilität und Werthaltigkeit von Immobilieninvestitionen sicherstellen. Damit KVGen den wachsenden Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung nachkommen können und gleichzeitig eine führende Rolle im Klimaschutz einnehmen, sollten diese die Chancen der Digitalisierung und wissenschaftlichen Analyse nutzen, um ihre Portfolios zukunftsfähig zu machen.

Henry Fritzsche
Senior Project and Development Manager
x.project AG

Erschienen in den P5 NEWS.
Ausgabe November 2024.